Während es ganz Holland und gefühlt halb Deutschland bei Temperaturen deutlich über 30° C an die holländische Küste für ein wenig Abkühlung in der kalten Nordsee zieht, bevorzugen ein paar besonders Hartgesottene die Dünen des Circuit Park Zandvoort. Wenn sich die Chance ergibt, den neuen alten Formel-1-Kurs noch vor den F1-Heroen fahren zu dürfen, dann wird nicht lange gefackelt. Schließlich hat der Traditionskurs für sein F1-Comeback einige spannende Updates bekommen – unter anderem erfrischende Steilkurven. Für den Ausflug an die Nordsee-Küste wählte ich erstmals für einen Trackday den Honda Civic Type R. Mit im Gepäck: Michelin Track Connect.
Nach ein paar gemütlichen Nordschleifen-Runden vor über einem Jahr stand in Zandvoort also der erste komplette Trackday für den Honda Civic Type R an. Nach 13 Jahren ausschließlichen Hecktriebler-Fahrens ist der 320 PS starke Fronttriebler für mich in gewisser Weise Neuland.
Trackday-Premiere für den Trackdaysport-Civic Type R
Keine Neuorientierung erforderten die Reifen, denen ich bereits seit einigen Jahren treu bin. Der Type R rollt auf den brandneuen Michelin Pilot Sport Cup 2 Connect, bei denen unter anderem die Gummimischung optimiert wurde und die jetzt noch mehr Konsistenz bieten sollen. Die Cup-Reifen laufen jetzt auf 18 Zoll Rädern – die einzige Modifikation im Vergleich zur Serie. Was für eine fahrdynamische Wohltat im Vergleich zu den riesigen 20-Zöllern des Serienmodells!
Zudem auf der To-Do-List: Mein Test des Michelin Track Connect Systems, das mir Michelin zur Verfügung gestellt hat. Und diesen „virtuellen Reifen-Coach“ auszuprobieren, darauf freute ich mich schon diebisch.
Nach einem hitzebedingt kurzen (Vor-)Tag an der See, ging es am nächsten Morgen recht früh auf die Strecke. Weil es wieder heiß werden sollte, lautete der Plan, möglichst viele Runden zu fahren, bevor die Temperaturen ihren Höchstwert erreichen.
Das Problem: Um 8.30 Uhr sind die Außentemperaturen bereits auf 24° C geklettert. Also Aufkleber und Startnummern holen, kurz mit Sam Neumann von Track Secure und Felix Töllich von FT Photography quatschen und dann nix wie ran und die digitalen Gadgets anwerfen.
Mein Fokus gilt natürlich dem Michelin Track Connect System. Dabei handelt es sich um eine vernetzte Reifenlösung, die Daten zum Reifendruck und der Reifentemperatur in Echtzeit direkt auf das Smartphone des geneigten Trackday-Fahrers liefert und wertvolle Tipps geben will. Die Montage bei meinem Technik-Partner Automobile Achenbach in Bochum-Wattenscheid lief völlig unproblematisch: Um an Luftdruck- und Temperaturdaten zu gelangen, müssen dazu zunächst die vier im Set erhaltenen Sensoren in die Reifen montiert werden. Anschließend werden Sensoren und Receiver gepaired, die Michelin Track Connect App installiert und die Sensoren mit der App verknüpft.
In der App wähle ich Zandvoort als Strecke aus und teile dem System noch mit, dass es weder nass, noch nasskalt oder feucht gemäßigt ist, sondern ziemlich sicher extrem trocken. Auf der Basis empfiehlt mir Track Connect einen Warm-Luftdruck von 2,2 bis 2,4 bar vorne und 2,2 bis 2,5 bar hinten. Ich gehe bei den – mehr oder weniger – kalten Reifen also erstmal runter auf 2,05 bar vorne und 2,1 bar hinten. Natürlich im Wissen, dass die Reifen nach fünf Runden bei den schon jetzt recht warmen Asphalttemperaturen vermutlich zu heiß werden. Vielleicht knacken wir ja die 100°C heute…
Strecken-Update 2020
Um die Formel 1 zurück nach Zandvoort zu holen, waren einige Veränderungen am Streckenverlauf nötig. Und nach der Corona-bedingten Absage des niederländischen GP kamen wir Trackday-Fahrer mit als erste in den Genuss, hier fahren zu können. Ein paar Demorunden von F1-Pilot Max Verstappen einmal ausgenommen. Ein echtes Privileg also.
Weite Teile der Strecke haben neuen Asphalt bekommen. Die größten Änderungen gab es allerdings kurz nach und kurz vor Start-Ziel. So wurde der Streckenabschnitt Gerlachbocht/Hugenholtzbocht deutlich entschärft. Früher hattest du in der 180°-Links der Hugenholtzboch keinerlei Auslaufzonen. Das war insofern nicht unproblematisch, weil die Fahrzeuge hier je nach Fahrweise gerne Richtung Leitplanke untersteuerten oder dieser mit dem Heck gefährlich nahe kamen. Jetzt wurde der Bereich deutlich breiter gemacht und mit einem Banking von bis zu 19° ist die Hugenholtzbocht jetzt einfacher zu fahren, macht aber nach wie vor Spaß.
Nach der Kumhobocht folgt die lange Rechts auf Start- und Ziel, die Arie Luyendijkbocht. Damit die F1-Piloten hier besser überholen zu können, zogen die Streckenbetreiber ein heftiges Banking ein. In Zahlen: 18°. Wie sich 18° anfühlen? Sagen wir es so: 18° sind zumindest bei den ersten schnellen Durchfahrten so steil, dass du keinen Coffee Shop brauchst, um dich zumindest vorübergehend ein wenig dizzy zu fühlen – der Kompression sei Dank. Ich habe leider keine vergleichbaren Daten parat. Nur soviel: Während der Toyota GT86 vor zwei Jahren mit maximal 130 bis 140 km/h auf die Start-Ziel-gerade einbog, sind es im 120 PS stärkeren Serien-Civic Type R eher 160 km/h und mehr – und da ist gefühlt noch ordentlich Luft nach oben.
Eine weitere Erkenntnis: Der serienmäßige Honda Civic Type R ist wirklich fix auf der Strecke unterwegs ist und nicht selten das Tempo hochgerüsteter und teilweise deutlich leistungsstärkerer Tracktools mitgehen kann. Nach fünf Runden neuer Eindrücke aber erstmal wieder runter von der Strecke und schauen, was das Michelin Track Connect so sagt. Mehr in Teil 2!