Christian | Tracktool: Porsche 911 GT3

Christian und seine Frau habe ich Anfang Dezember 2019 beim Drift-Training von all4track am Sachsenring kennengelernt. Beim Lunch haben wir angeregt über dies und das geplaudert – vor allem natürlich über seinen Porsche 911 GT3.

Das Interview führten Christian und ich vor der Coronakrise, die natürlich auch Christians Pläne beeinflussen wird.

Der Fahrer: Christian

Name: Christian
Alter: 44
Wohnort: Großraum Minden – Lübbecke
Beruf: Selbstständiger Unternehmer

Das Auto: Porsche 991.2 GT3

Basis:

Fahrzeug und Baujahr: Porsche GT3 MKII – 2017
Motor: 4.0 L / 500 PS
Im Besitz seit: Keine Angabe

Optimierungen und Spezifikationen:

Motor: Original
Fahrwerk: Optimiertes Fahrwerks Setup inkl. geänderter Shims (orig. Porsche Teile)
Bremsen: Scheiben + Zangen original, Beläge vorne und hinten PM01 (Manthey Racing mit StVZO Zulassung)
Räder & Reifen: Original GT3 Räder, Michelin Pilot Sport Cup 2 – Semislicks
Karosserie: Alle relevanten Teile (> 80%) transparent mit Xpel Folie – gegen Steinschlag foliert
Lenkrad: Alcantara – original
Sitze und Gurte: Carbon Vollschale (fix) mit Alcantara: 3 Punkt + 6 Punkt H-Gurte (original ab Werk)
Sicherheit/Käfig: Clubsportpaket (Bügel ohne Käfigerweiterung)

Christian im Interview

Wie bist du zum aktiven Motorsport bzw. Trackday-Fahren gekommen?

Das Ganze fing bei mir mit dem Motorrad an. Ich habe mit 19 meinen Motorrad Führerschein nachgemacht, vorher ging es leider nicht, weil noch das Geld fehlte. Weil einige meiner Freunde Motorradunfälle im Straßenverkehr hatten, bin ich auf die Rennstrecke ausgewichen. Rennstrecken haben eben den Vorteil, dass alle in einer Richtung unterwegs sind und es keinen Wildwechsel gibt. Das war einfach sicherer, du konntest richtig schnell fahren und schön mit den Knien auf dem Boden schleifen. Dies ermöglichte ein sicheres Ertasten der Grenzen von Fahrer und Maschine.

Ich bin deshalb schon relativ früh, so mit 20, erste Trackdays gefahren, unter anderem in Oschersleben. Dort bin ich viele Jahre Motorrad gefahren, auch kleinere Rennen. Mit dem zunehmenden Alter und der steigenden Verantwortung durch Beruf und Familienzuwachs hatte ich allerdings Angst vor Unfällen und Verletzungen, welche im Motorradsport deutlich häufiger auftreten, auch bei Trackdays.

Vor ca. drei Jahren habe ich deshalb zum Pkw-Sport gewechselt und meine Rennmaschine verkauft. Ich habe mir einen Porsche 987 Cayman S zugelegt, mit dem ich zum ersten Mal am Bilster Berg gefahren bin. Das war ein Cayman in der „Black Edition“, einer von 500 Exemplaren, ausgestattet mit einer Schaltwegsverkürzung, Sportfahrwerk etc. Der 987 Cayman S in der Black Edition hat den Motor aus dem Cayman R: 6-Zylinder und 330 PS. Ich war anfangs aber überhaupt nicht zufrieden mit dem Auto. Wir haben dann das Fahrwerk gegen ein komplettes Öhlins POS MR80 getauscht. Die Stabilisatoren, Bremsbeläge und Bremsleitungen wurden geändert und das Auto damit perfekt abgestimmt. Danach bin ich mit dem Cayman noch in Spa, in Zandvoort, in Zolder und auf der GP-Strecke des Nürburgrings gefahren, im Grunde alles im Umkreis bis 350 Kilometer um meinen Wohnort, welcher günstig zu vielen sehr schönen Rennstrecken liegt.

Wie ging es dann weiter für dich?

Ich wollte unbedingt Sitze mit mehr Seitenhalt und mehr Sicherheit. Für einen Bügel hätte man Komponenten bearbeiten müssen, also originale Teile zerstören. Aber sowas macht man bei einem limitierten Auto nicht, dachte ich mir. Deshalb habe ich den Cayman verkauft und mir einen Porsche 911 MKII GT3 zugelegt. An dieser Stelle kann ich übrigens das Porsche Zentrum Paderborn empfehlen: Sehr nette, bodenständige Leute und nicht im Geringsten arrogant, was man bei anderen Porsche Zentren leider auch anders erlebt.

Im Winter 2018 habe ich den GT3 aufbauen lassen, unter anderem gab es ein neues Fahrwerks-Setup und neue Bremsbeläge. Das originale Fahrwerk ist übrigens ein gutes, sowie einstellbares Fahrwerk, das wir ausschließlich mit Porsche-Originalteilen optimiert haben. Das Fahrzeug ist schon sehr gut und der Ruf ist berechtigt. Ich bin 2019 dann ca. zehn Trackdays und Drift-Trainings mit dem Auto gefahren, insgesamt 10.000 Kilometer Rennstrecke inklusive An- und Abreise. Die artgerechte Haltung dieser Art Fahrzeuge (lacht) ist mir wichtig. Ich fahre mit dem GT3 nicht zum Einkaufen oder zur Eisdiele. Wenn ich ihn aus der Garage hole, weiß er genau wohin es geht.

Was bedeuten Trackdays für dich?

An die persönliche Grenze zu gehen, an die physikalische Grenze des Autos. Faires Miteinander, was ich im Straßenverkehr mittlerweile vermisse. Zusammengefasst bedeuten Trackdays für mich: „Mit Sicherheit schnell Auto zu fahren“.

Baust du deine Autos selber auf oder wem vertraust du beim Aufbau?

Ich habe den Cayman als auch den GT3 beim Björn Nagel in Lügde (NET: Nagel-Exklusiv-Tuning e.K.) machen lassen, inklusive der Abstimmung und der Komplettfolierung. 

Wir hatten uns am Sachsenring auch schon kurz über das Thema Coaching unterhalten. Du hast dich bereits oft coachen lassen…

… ja, das stimmt. Ich bin zum Beispiel öfter mit Daniel Schwerfeld von All4Track gefahren, mit diversen Coaches vom Pistenclub und anderen.

Und warum buchst du Coachings?

Bei mir ist das relativ einfach: Coachings buche ich immer dann, wenn ich ein neues Auto habe oder wenn es auf eine neue Strecke geht. Ich möchte mir einfach keine Fehler angewöhnen, die man sich später wieder abtrainieren muss. Ein Coaching ist für mich also immer die Grundlage für meine Streckenkenntnisse. Ich möchte meinen Speed natürlich steigern und bestenfalls Erfolge auf der Uhr sehen können – und das möglichst sicher.

Außerdem finde ich es immer interessant, zu sehen, wie ein professioneller Fahrer mit deinem Auto umgeht: Fährt man selbst wirklich so schlecht, wie man das immer glaubt? (lacht) Mit einem guten Coach kannst du deutlich mehr rausholen als du glaubst.

Was macht deiner Meinung nach einen guten Coach aus?

Ein guter Coach nimmt sich vor der Fahrt auf die Strecke Zeit, um dich kennen zu lernen, um mit dir zu besprechen, was deine Ziele sind. Jeder Kunde hat ja bestimmte Anforderungen und Ziele, die er erreichen will. Man zahlt ja auch viel Geld für so ein Coaching.

Ein guter Coach muss natürlich gut fahren können, klar. Sein Wissen und auch sein Charakter sind für mich wichtige Kriterien – und auch die Frage, wie ernst er seinen Job nimmt. Eine schlechte Erfahrung habe ich mit einem Coach am Bilster Berg erlebt. Der hat sowohl das Event veranstaltet als auch vor Ort Coachings durchgeführt – mit der Folge, dass er die ganze Zeit ein Walkie-Talkie am Ohr hatte und mit der Orga beschäftigt war. Er war also durchgehend abgelenkt und hat sich die ganze Zeit über mein damaliges Auto, den Porsche Cayman im Originalzustand, echauffiert. Am Rande bemerkt: Der Cayman ist kein schlechtes Auto, du musst ihn aber anders fahren um schnell zu werden. Wenn du das nicht weißt, wird es auch nichts und aus Lust am Fahren wird Frust.

Ein guter Coach hingegen ist zum Beispiel Michel Lefebre von der Raceschool.be aus Belgien. Der hat einfach eine gute Gabe die Theorie zu erklären und sie in der Praxis mit dem Teilnehmer umzusetzen. Hierbei sollte die englische Sprache kein Problem sein, die ja im Motorsport überall zu finden ist. Es ist wie damals in der Schule: Hattest du eine(n) guten Lehrer(in), der / die dir den Stoff gut vermitteln konnte, dann machte das Fach auch deutlich mehr Spaß und hat dich motiviert mehr zu lernen.

Was ich auch wichtig finde, sind Ruhepausen während des Coachings. Es gibt Coaches die dich in Ihrer Art oder durch Ihre Stimme ziemlich pushen. Das ist natürlich auf der einen Seite gut und gewollt. Wichtig ist aber auch, das Gelernte in Ruhe verarbeiten zu können und zwischendurch auch mal alleine zu fahren. In Spa haben mein Kumpel und ich uns ein gemeinsames Coaching beim Daniel gebucht, das Coaching also geteilt. Das war sehr gut. Ich hatte das Gefühl, mehr mitgenommen zu haben, als wenn ich ein Einzelcoaching gebucht hätte.

Wie können Trackday-Fahrer denn einen guten Coach erkennen?

Zu wissen, wer der richtige Coach für dich ist, merkst du erst, wenn du mehrere ausprobiert hast. Wenn du z.B. bei einem Drift-Training einen Coach erwischst, der dein Auto nicht in den perfekten oder einen besseren Drift bekommt, um dir zu zeigen wie es geht, spätestens dann weißt du, dass es für dich persönlich oder dein Fahrzeug nicht der richtige Coach war…

Haha, das stimmt wohl. Hast du Pläne für die Zukunft?

Ja, auf jeden Fall. Mein langfristiges Ziel ist es, beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring einen Fahrerplatz zu bekommen. Am liebsten würde ich natürlich auf einem Porsche oder alternativ auf einem anderen Hecktriebler starten.

Da hast du dir ja ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt…

… grundsätzlich geht es mir da natürlich rein um den Spaß an der Sache. Ich habe bei den Trackdays gemerkt, dass es Spaß macht, um den letzten Millimeter auf der Strecke zu kämpfen. Mit einem Freund hatten wir beide ein RCN-Auto von Hoffmann Motorsport gemietet und uns in Spa Francorchamps gebattled. Das hat super Spaß gemacht. Da habe ich einfach Blut geleckt.

Ich glaube, das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring ist das wohl schwierigste Rennen, das man überhaupt fahren kann. Und ich liebe es nachts zu fahren.

Die spannende Frage wird natürlich sein: Ist ein bisschen Talent und ein Gefühl für die Nordschleife vorhanden? Die Nordschleife ist ja keine einfache Strecke und wenn sie dir nicht liegt, dann brauchst du dort auch kein 24-Stunden-Rennen fahren.

Wie willst du es schaffen, beim 24-Stunden-Rennen an den Start zu gehen? Hast du dir da einen Plan zugelegt?

Ja, ich habe mir einen sehr genauen Plan gemacht, habe einen genauen Kostenplan aufgestellt, sodass ich auch weiß, was finanziell auf mich zukommt. Ich plane für dieses Jahr den Einstieg in die RCN und möchte bei drei Rennen inklusive dem Einstelltag und das „3-Stunden-Rennen“ fahren – zwei davon mit einem Coach. Zudem habe ich sechs weitere Trackdays auf dem Nürburgring gebucht, inkl. diverser Coachings. Dafür habe ich das Fahrzeug gebucht, welches ich auch in der RCN fahren werde und bereits aus Spa Francorchamps kenne.

Abhängig davon, wie die RCN läuft und wie es auf der Nordschleife klappt, könnte ich mir vorstellen, im nächsten Jahr VLN zu fahren oder einen Mix aus RCN und VLN. Je nachdem, wie ich zurechtkomme und wie die Kosten aussehen. Ich muss ja auch noch die Nordschleifen-Permit B erhalten. Dafür musst du drei Mal VLN fahren und in die Top 75 der Starter fahren. Über die VLN würde ich dann gerne 2022 das 24-Stunden-Rennen fahren.

Ich setze mich aber nicht unter Druck, es ist und bleibt ein Hobby.

Hast du dir schon ein Team ausgeguckt?

Ja, ich möchte das Programm komplett bei Team Hoffmann Motorsport um Conny Hoffmann fahren.

Wie bereitest du dich jetzt im Winter auf die Saison und die Nordschleife vor?

Ich fahre viel Nordschleife auf der X-Box 360, schaue Videos von „Driver 61“ bei Youtube, insbesondere den Circuit Guide Nürburgring-Nordschleife – ein fast dreistündiges Video, das ich nur empfehlen kann. Oft schaue ich mir das Video an und habe dabei das Buch „Tracks Nordschleife“ aufgeschlagen. So ziehe ich mir Abschnitt für Abschnitt rein – wenn man so will ein „Selbststudium“. Ich schaue mir tatsächlich auch Unfall-Videos an. Ich will wissen, wo die typischen Unfallstellen sind, also wo Unfälle passieren können und wie sie passieren können.

Parallel habe ich im Winter ein über drei Monate andauerndes Fitnessprogramm für Rennfahrer aus dem Buch „Rennfahrer Training“ auf mich adaptiert um das Herz-Kreislauf-System zu optimieren. Zudem kommen noch viele andere physische und psychische Übungen hinzu. Seitdem ich viel Fachliteratur zu dem Thema gelesen habe und vieles davon versuche sinnvoll für mich zu nutzen, verstehe ich warum der Beruf Rennfahrer ein Vollzeitjob ist!

Vielen Dank, Christian, ich bin gespannt!

Alle Bilder mit freundlichen Genehmigung von Christian.