Drift-Training auf dem Sachsenring mit all4track

Normalerweise ist es Ende November ja ziemlich genau so: Die Saison ist vorbei. Du mottest dein Auto ein und machst dir die ersten Gedanken über die neue Saison. Doch manchmal kommt es anders. Dann zum Beispiel, wenn du aus heiterem Himmel die Möglichkeit bekommst, bei einem Drift-Training teilzunehmen. Lange überlegst du natürlich nicht. Vor allem dann nicht, wenn dir die Ehre zuteil wird, beim allerersten Event der neu gegründeten all4track AG dabei zu sein – ihres Zeichens neuer Trackday-Veranstalter und Online-Buchungsplattform für Trackdays.

Ein paar Tage später machte ich mich auf Richtung Sachsenring, gemütliche 500 Kilometer entfernt. Am Vorabend checkte ich im Parkhotel Meerane ein. Ein sehr okayes Hotel zum günstigen Preis von 62 Euro pro Nacht – inklusive Frühstück. Bisschen retro vielleicht – so retro, dass sie noch diese Uralt-Telefone mit den quadratischen Tasten auf den Zimmern haben – aber ein ernst gemeinter Tipp. Die Speisekarte des angeschlossenen Restaurants sah auch gut aus. Ich setzte mich abends allerdings vor mein MacBook, um noch was wegzuarbeiten. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen.

Am nächsten Tag dann realisiert, dass ich das Wichtigste zuhause vergessen hatte: Mein Deo. Wird schon nicht allzu schweißtreibend sein, so ein Event, bei dem dein Auto den ganzen Tag am Limit der Physik quer bewegt wird. Wollte ich mir jedenfalls einreden. Entschied mich dann aber doch noch, einen Stopp im örtlichen Lidl einzulegen. Auf Nivea Men zu setzen, sollte sich als Move des Tages erweisen. Doch dazu später mehr.

Am Sachsenring dann nette Begrüßung durch das all4track Team und die ersten Teilnehmer kennengelernt. Auf dem Weg rauf zum Briefing kurz Sachsenring-Geschäftsführer (und mehrfacher Deutscher Rallye-Meister) Ruben Zeltner ehrfurchtsvoll zugenickt.

Oben die Begrüßung und Einführung ins Driften durch Daniel Schwerfeld, einer der beiden all4track Geschäftsführer, Rennfahrer und Coach. Zusammen mit dem Leitenden Trainer am Sachsenring, Uwe Wächtler (Rallye- und VLN-Fahrer) sollten die beiden durch den Tag führen. Ihren zunächst theoretischen Part im Briefing-Raum schloss Uwe schmunzelnd mit dem klassischen Sportfahrer-Spruch „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“.

Und so machten sich sieben Autos auf den Weg Richtung Infield: Die Alpine A110 von all4track und fünf vom Sachsenring speziell für das Driften optimierte Toyota GT86 mit Holzreifen hinten, aufgepumpt auf 4 bar. Last but not least: Mein GT86 mit normalen Winterreifen und nur 2,5 bar Luftdruck. Bedeutete für mich: Um den Japaner quer zu bekommen, brauchte es mehr Lenkimpuls und hier und da höhere Geschwindigkeiten.

Zum Eingrooven diente die aus diversen Fahrsicherheitstrainings landauf, landab bekannte Schleuderplatte. Hier wird dir auf einer bewässerten Gleitfläche mit einem Reibwert von 0,2 hydraulisch betätigt der Hintern weggezogen. Wer nicht reaktionsschnell genug ist, den dreht´s weg. Trotzdem heimsen alle Teilnehmer die ersten Erfolgserlebnisse ein.

Doch schon bei der nächsten Station werden wir auf den (glatten) Boden der Tatsachen geholt. Auf der bewässerten Kreisbahn mit ebenfalls einem Reibwert von 0,2 gilt es, das Auto sauber für längere Zeit im kontrollierten instabilen Zustand zu halten: Also einlenken und mit leichtem Gasstoß das Heck raushängen lassen. Soweit, so einfach. Doch das Auto mit gefühlvollen Lenkbewegungen und noch gefühlvollerem Gaseinsatz im idealerweise sämigen Drift zu halten, ist nicht einfach.

Bild: all4track

Wie recht Uwe mit seinem philosophischen Spruch (der mit dem Meister, der noch nicht vom Himmel gefallen ist) doch hatte, zeigt sich hier recht deutlich. Als langjähriger GT86-Fahrer hat man oft ganz gute Erfahrungen, was es heißt, quer zu fahren. In Spa-Francorchamps oder in Mettet kannst du in den engen Ecken vor Start-Ziel das Heck immer ganz gut auskeilen lassen. Und das funktioniert dann eigentlich auch reproduzierbar. Ich erinnere mich zudem gerne an eine kleine GT86-Drift-Session mit Nasy von Nasy Performance in Mendig, wo das Driften auf nassem Asphalt einigermaßen souverän funktionierte. Doch hier auf dem schweineglatten Untergrund ist das eine ganz andere Nummer.

Bei der dritten Station können sich die Teilnehmer etwaig kurzzeitig verlorenes Selbstbewusstsein zurückholen. Auf der langen Gleitfläche gleich neben dem ADAC-Turm gilt es, zum ersten Mal heute bei höherer Geschwindigkeit zu driften. Der Versuchsaufbau:  Mit rund 55 km/h im dritten Gang eine Links-Rechts-Kurve fahren, die dabei entstehende Lastwechselreaktion zu nutzen und dann einen möglichst großen Schwimmwinkel möglichst lange zu halten.

Beim ersten Mal agiere ich mit Lenkrad und Gasfuß zu zaghaft. Beim zweiten Mal gebe ich zu viel Gas. Beim dritten Mal bekomme ich ein ganz gutes Mittelding hin und ab dem vierten Mal funktioniert das doch schon ziemlich gut! Dank der klaren Analysen und Ansagen von Daniel und Uwe ergibt sich eine steile Lernkurve – was sicherlich auch der überschaubaren Anzahl an Autos geschuldet ist, sodass die Teilnehmer viel Zeit zum Fahren haben.

Vor Selbstbewusstsein strotzend geht es anschließend auf den Rutsch-Parcours. Der macht mit seinen engen Ecken und vor allem mit den zahlreichen Lastwechsel-Kurven eine Menge Spaß. Doch trotz der vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten ist das Ganze ziemlich diffizil. Ich bekomme tatsächlich nicht eine sauber gefahrene Runde hin – und muss mich zwangsläufig an den sächsischen Philosophen Uwe Wächtler erinnern…

Eine wirklich schweißtreibende Angelegenheit. Nass geschwitzt mitten im Dezember! Heimlich freue ich mich diebisch, heute Morgen so viel Weitsicht gehabt und in Männer-Pflegeprodukte investiert zu haben. Ohne Deo bei einem Drift-Training aufzukreuzen? – Unverantwortlich!

Die Mittagspause kommt da ziemlich gelegen. Eine wirklich sehr nette Truppe ist da beisammen. Entspannte Benzingespräche mit den anderen Teilnehmern und Kilian, dem zweiten Geschäftsführer von all4track, sorgen dafür, dass der Adrenalin-Spiegel sich wieder auf sein Normalniveau einpendelt.

Doch recht schnell produziert das Nebennierenmark wieder nicht unerhebliche Mengen an Adrenalin. Denn nach dem Lunch geht es zum ersten Mal auf den Sachsenring. Zunächst wird die bewässerte auto-motor-und-sport-Kurve auf und ab durchgearbeitet. Vor allem runter ringt einem die Kurve Respekt ab, weil es eben wirklich bergab geht. Hoch ist es zumindest für mich etwas angenehmer.

Im Grunde hast du mehrere Möglichkeiten, den Drift einzuleiten: Entweder durch einen gezielten Gasstoß, Anpendeln oder in die Kurve reinbremsen. Solange in die Kurve reinbremsen, bis die Hinterachse die Haftung verliert, widerstrebt mir irgendwie. Anpendeln braucht es bei dem großen Kurvenradius nicht. Ich bin offenbar eher der Freund davon, dem Auto smooth durch einen kleinen Gasstoß den entscheidenden Impuls zu geben. Dann gegenlenken und das Auto mit dem Gaspedal auf Zug halten. Und immer dran denke, was Uwe gesagt hat: Die Front folgt der Ideallinie. Klappt nicht immer, aber immer öfter.

Unermüdlich coachen dich die Trainer, setzen sich auch mal zu dir ins Auto. Und egal in welches Auto du schaust: Überall Spaß in den Backen. Was auch an den launigen Ansagen von Daniel und Uwe liegt, die nie um einen Spruch verlegen sind.

Nachdem die auto-motor-und-sport-Kurve halbwegs sitzt, geht es ins bewässerte Omega, das normalerweise bergab angefahren und bergauf verlassen wird. Heute fahren wir das Omega jedoch in beiden Richtungen.

Bevor die Sonne untergeht, läuten Daniel und Uwe das freie Fahren ein, bei dem alle Teilnehmer das an diesem sonnigen Tag Erlernte auf eigene Faust austesten können. Das macht natürlich bestens geschult mega Laune und setzt dem Tag die Krone auf. Klar: Raum zum Optimieren besteht noch en masse. Vor allem sollte Uwe beim Betrachten des folgenden Videos angesichts meiner Lenkradartistik am besten wohlwollend die Augen verschließen.

In gelöster Stimmung werden zum Abschluss die Zertifikate verteilt und die Teilnehmer verabschiedet. Man darf es schon so formulieren: Ein Tag unter Freunden geht zu Ende.

Daniel (links) und Uwe.

Auf der Autobahn ziehe ich tiefenentspannt und zufrieden ein erstes Fazit. Als vom Himmel gefallener Drift-Meister hat sich heute keiner der Teilnehmer entpuppt. Doch die Lernkurven heute haben gezeigt, dass mit dem richtigen Training so einiges gehen kann.