Das Vorderachsliftsystem im Porsche 911

Trackday am Bilster Berg im Sommer 2018. Kurz vor meinem Stint will ich nur noch kurz die Luftdrücke prüfen. Zugegeben: Etwas zu ungestüm (muss ja schnell gehen, um keine wertvolle Fahrzeit zu vergeuden) rolle ich auf den Bordstein im unteren Fahrerlager zu. Und schon ist es passiert. Bevor der Toyota GT86 zum Stehen kommt, kratzt die Front die letzten ein, zwei Zentimeter über den Bordstein. Der Porsche 911 GT3 Fahrer neben mir schreckt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und wirft mir einen mitfühlenden Blick rüber. Und wieder ein paar schöne Schrammen unter dem vorderen Stoßfänger.

Bild: Porsche

Ob mir das mit dem Liftsystem passiert wäre, das Porsche optional für seinen 911 anbietet? Wer weiß, aber immerhin zeigt diese Episode, dass ein Feature, das weniger der Kategorie „Performance“ und eher dem Bereich Komfort zuzuordnen ist, nicht ganz unpraktisch sein muss. Auch wenn es vermutlich ein paar Extra-Kilogramm auf die Waage bringt.

Das Porsche-Liftsystem funktioniert je nach Modell pneumatisch oder hydraulisch mit integrierten Hubzylindern in den Federbeinen der Vorderachse. Per Knopfdruck steigt damit innerhalb von vier bis fünf Sekunden die Bodenfreiheit unter der Buglippe um 30 bis 40 Millimeter (modellabhängig), der Böschungswinkel des Fahrzeugs wird deutlich vergrößert: von 9,7° auf 12,7°. Auf diese Weise verhindert das System das Aufsetzen des Fahrzeugs etwa bei steilen Garagenausfahrten – oder eben bei Bordsteinen. Auch das Überfahren von Temposchwellen wird mit dem System erleichtert, weil es bis zu einer Geschwindigkeit von 35 km/h bis 50 km/h – je nach Ausführung – funktioniert.

Das Liftsystem im Porsche 911 GT3 arbeitet pneumatisch und kostet 2.261 Euro. Im Porsche 911 GT3 RS und im Porsche 911 GT2 RS funktioniert das System hingegen hydraulisch und kostet 2.975 Euro.

Wie Porsche-Engineering im hauseigenen Magazin betont, kam der Impuls zur Entwicklung eines Vorderachsliftsystems von Kundenseite: „Porsche-Kunden zeigten reges Interesse an einem Liftsystem, das direkt in die Neufahrzeugbestellung aufgenommen werden kann, ohne eine Einschränkung bezüglich sonstiger Ausstattungswünsche in Kauf nehmen zu müssen. Auch sollte das System die Alltagstauglichkeit des Fahrzeuges steigern, ohne jedoch zulasten anderer Eigenschaften wie beispielsweise des Kofferraumvolumens zu gehen. Ein ebenfalls wichtiges Kriterium war die Systemeinbindung in das fahrzeugseitige Bedien- und Anzeigekonzept.“ – Ein großer Vorteil gegenüber ähnlicher, im Aftermarket verfügbarer Systeme, etwa von Techart, KW oder Cargraphic.

Eine der Herausforderungen bestand laut Porsche-Angaben darin, „das zu entwickelnde System in jedes Derivat der aktuellen 911-Baureihe – mit Ausnahme der GT-Varianten – zu integrieren. Da sich die Federbeine zwischen Coupé, Cabrio, Targa und Turbo sowie zwischen Zwei- und Vierradantrieb unterscheiden, erhöhte sich die Anzahl der Varianten durch das Vorderachsliftsystem auf die doppelte Anzahl.“